Eisenhüttenstadt – Blick auf das Eisenhüttenkombinat Ost (EKO)

Kombinatsdirektoren

Bericht über "Die Ostdeutschen ins Gespräch bringen"

13.09.2017 17:20:00

Am 11. September 2017 zogen wir Bilanz unseres Projekts „Kombinatsdirektoren erzählen“. Unter dem Titel „Die Ostdeutschen ins Gespräch bringen“ begann die Veranstaltung im Café Sibylle mit Begrüßungsworten von Katrin Rohnstock. Sie erinnerte an die Tagung „Krise und Utopie“, die vor fünf Jahren den Auftakt zum Projekt gegeben hatte. Inzwischen wurden mehr als 70 Erzählsalons, Lesungen und Diskussionen durchgeführt und es entstanden insgesamt sechs Bücher – darunter zuletzt die Biografie „Karl Nendel. General der Mikroelektronik“.

Wolfram Adolphi führte als Moderator durch den Abend und gab zunächst den Podiumsgästen das Wort. Jeder von ihnen erläuterte seine Positionen und Ansichten hinsichtlich der DDR-Wirtschaft im Allgemeinen und dem Projekt und dessen Einfluss auf die Diskussionen über die DDR-Wirtschaft im Besonderen.

Die parlamentarische Staatssekretärin Iris Gleicke betonte, dass Klarheit und Offenheit bei der Betrachtung der DDR notwendig seien. Letztlich sei das Land, in dem sie geboren wurde, nicht nur zu loben, aber auch nicht ausschließlich zu kritisieren. Stattdessen solle man aus den Erfahrungswerten der Menschen, die in der DDR lebten und arbeiteten, lernen, um die Zukunft zu gestalten. Wichtig ist es Iris Gleicke, dass die neuen und die alten Bundesländer langfristig in der Wirtschaft gleichstark werden.

Ihr schloss sich Professor Dietrich Mühlberg an, Kulturwissenschaftler und emeritierter Professor der Humboldt-Universität Berlin. Er erklärte, dass er durch sein kulturgeschichtliches Arbeitsfeld einen anderen Blick zur Bewertung der DDR Geschichte habe. Die DDR war laut Professor Mühlberg ein Versuch, eine andere Gesellschaftsform als den Kapitalismus in Deutschland einzuführen. Auch heute, obwohl die gesellschaftlichen Strukturen anders sind als zu DDR-Zeiten, seien alternative Regierungs- und Gesellschaftsmodelle nötig.

Der ehemalige Generaldirektor des Schwermaschinenbaukombinats SKET, Eckhard Netzmann, kritisierte, ebenso wie zuvor Iris Gleicke, die grundsätzliche wirtschaftliche Rückständigkeit der Bundesländer im Osten gegenüber denen im Westen. Sie sei durch gezielte politische Entwicklungen nach der Wende entstanden. Entscheidend dafür war die damalige Machtverteilung.

Ihm schloss sich Christa Bertag an, die ehemalige Generaldirektorin des Kosmetik-Kombinats Berlin. Sie erzählte, dass sie bereits im Jahr 2013 von Katrin Rohnstock angesprochen wurde, an dem Projekt teilzunehmen. Zuerst stand sie dem skeptisch gegenüber, da die Aufarbeitung der Vergangenheit für sie persönlich nicht leicht war. Inzwischen ist sie jedoch überzeugt davon, dass eine Projektreihe wie „Kombinatsdirektoren erzählen“ der Wahrheitsfindung dient. Auch für sie ist die Nutzung des Wissens aus der DDR-Geschichte ein wichtiger Wegweiser für nationale und internationale Konflikte. Sie betonte, dass der Aufbau der DDR in der Geschichte einmalig war.

Zum Schluss zeigte Herbert Roloff – ehemaliger Generaldirektor des Außenhandelsbetriebs Industrieanlagen-Import –, dass die DDR eine bedeutende Exportnation gewesen sei, deren Spuren noch heute im Ausland zu finden sind. 

Einig waren sich alle Podiumsgäste darin, dass ein Projekt wie „Kombinatsdirektoren erzählen“ notwendig ist. Die Aufarbeitung der DDR-Geschichte kann in politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht zukunftsweisend sein.

In der anschließenden Diskussion zeigte sich erneut, wie wichtig es den Menschen ist, dass sie von der Politik nicht mit Plattitüden abgespeist werden, sondern mit ihren Erfahrungen und Erinnerungen ernst genommen werden. Solange die DDR-Wirtschaft in der öffentlichen Diskussion als Misswirtschaft dargestellt wird, führt dies allzu leicht zu dem Schluss, dass auch die Arbeit der Menschen schlecht war. Diese Einschätzung wird ihnen und ihrer Lebensleistung nicht gerecht.

Und so fand Eckard Netzmann mit dem Zitat „Die Wunden sind verheilt, uns schmerzen noch die Narben“ versöhnliche Worte zum Abschluss. Sein Rat an alle Projektbeteiligten lautete, in kleinen Schritten weiterzumachen, um langsam aber sicher die Wahrnehmung der DDR-Wirtschaft geradezurücken.

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Iris Gleike spricht über die Herausforderungen im Amt der Ostbeauftragten

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Eckhard Netzmann beschwört die Notwendigkeit des Projekts

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Bei der Diskussion ging es zum Teil hoch her

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