Eisenhüttenstadt – Blick auf das Eisenhüttenkombinat Ost (EKO)

Kombinatsdirektoren

Nachruf auf Dr. Herbert Richter
Dr. Rudolf Jeschka

15.10.2018 10:39:31

Dr. Herbert Richter ist mir seit meinem Studienbeginn, im September 1995 an der Technischen Hochschule Leuna-Merseburg (gegründet 1954), bekannt. Herbert ("Muffel", so wurde er liebevoll, ob seines manchmal brummigen Tons, genannt) Richter war mit einer ganzen Reihe von jungen Studenten, zu Beginn ihres dritten Studienjahrs, von verschiedenen Universitäten und Hochschulen, nach Merseburg delegiert worden. Er kam mit zwei weiteren Studenten aus Jena. Zumeist handelte es sich um junge Genossen oder aktive FDJ-Mitglieder, die den Ruf der "Roten Hochschule" begründeten!

Herbert Richter wurde am 20. April 1933 in Klettwitz, im Niederlausitzer Braunkohlerevier, geboren. 1947 begann er eine Lehre als Chemielaborant im Synthesewerk Schwarzheide, die er 1950 erfolgreich abschloss. Anschließend wurde er an die ABF (Arbeiter- und Bauernfakultät) in Potsdam delegiert, wo er 1953 sein Abitur machte, um von dort zum Studium nach Jena zu gehen. Während der Zeit in Potsdam wurde er auch Mitglied der SED.

Herbert war vor allem in der FDJ-Leitung der Hochschule tätig, wo wir uns auch kennenlernten. In Erinnerung ist mir insbesondere sein konsequentes und energisches Eintreten für die sozialistische Gesellschaft. So ergriff er, während der Ungarn-Ereignisse 1956, die Initiative und entfernte, gemeinsam mit anderen Genossen, antisowjetische Schmierereien von der Mauer einer Kaserne der Roten Armee, die auf der Straßenseite gegenüber der Hochschule lag, derweil andere, unter anderem die Hochschulleitung, noch darüber lamentierten.

Nach der am Institut für Organische Chemie im Frühjahr 1959 bestandenen Diplomprüfung, begann Herbert Richter eine Tätigkeit in der Braunkohlenkokerei Lauchhammer. Dort wurde, nach einem von Wissenschaftlern der Bergakademie Freiberg entwickelten Verfahren, BHT-Koks zur Verhüttung von Erzen produziert. Er stieg zunächst in den Forschungsbereich ein, wurde aber bald Chef der gesamten Wasser- und Abwasserwirtschaft des Betriebes. Dabei war er sofort mit dem Problem der Beseitigung des Phenols und der Schwefelverbindungen aus dem Abwasser konfrontiert. Herbert Richter wäre nicht Herbert Richter gewesen, wenn er sich nicht sofort an die Arbeit gemacht hätte, um eine Lösung zu finden. Das war sehr wichtig, da sonst die Schwarze Elster ein ebenso verunreinigtes und schäumendes Gewässer wie die Pleiße in Leipzig geworden wäre. Dank seiner Kreativität gelang es ihm, ein geeignetes Verfahren zu entwickeln und in die Produktion zu überführen, wofür er an der Sächsischen Akademie der Wissenschaften promovierte.

Von dieser umfangreichen Arbeit erzählte er mir bei seinem Besuch in Merseburg, 1963. Der Zweck seines Besuches war die Such eines Nachfolgers für seine Tätigkeit in der Kokerei Lauchhammer, da er als Sektorenleiter zur Bezirksleitung der SED in Cottbus berufen wurde. Ich danke ihm dafür, dass er an mich gedacht hatte, aber inzwischen war meine Dissertation so weit gediehen, dass ich sie unbedingt abschließen wollte. Er nahm mir das jedoch nicht krumm und wir haben uns später noch oft in Berlin getroffen - er als Generaldirektor und Mitglied des ZK der SED und ich als Sektorenleiter Chemie im ZK der SED.

Auch nach der Wende sind wir uns mehrfach begegnet, nachdem ich bei einer Firma in Hoyerswerda zu arbeiten begonnen hatte, die von ehemaligen Mitgliedern des Gaskombinates gegründet worden war und an der Herbert Richter Anteile besaß. Er hatte eine eigene Beratungsfirma gegründet, um sein umfangreiches Wissen auf dem Gebiet der Gaswirtschaft zu vermarkten. Dabei kam ihm zu Gute, dass er zunächst Vizepräsident und von 1988 bis 1991 Präsident der Internationalen Gasunion (IGU) war.

Herbert ist sich in all den Jahren selbst treu geblieben. Er war nie ein Kind von Traurigkeit, ging immer frohen Mutes durch das Leben. Er war gesellig und unterhaltsam, weshalb er bei vielen seiner Mitarbeitern beliebt war. Er war immer sehr kreativ und voller Ideen, selbst weit über die Zeit seines Rentenbeginns hinaus. Allerdings spielte ich seine Spontanität auch manchmal einen Streich. Als Direktor, und später Generaldirektor, des Gaskombinates Schwarze Pumpe hatte er immer gute Kontakte zu den Arbeitskollektiven und zeigte viel Verständnis für die Probleme seiner Mitarbeiter. Wo immer es möglich war, half er ihnen auch bei deren Lösung. Das bekannteste Beispiel ist sein Engagement für den Bau des Klubhauses in Hoyerswerda, das weitgehend als sogenannter "Schwarzbau" errichtet wurde.

Herbert Richter war stets selbstbewusst und von wenig Selbstzweigen geplagt. Allerdings war er mitunter auch sehr eitel. So zeigte er überall voller Stolz ein Bild, das in anlässlich einer Tagung der IGU in den USA mit Nancy und Ronald Reagan, damals Präsident der USA, zeigt.

Herbert Richter wird mir mit seiner kameradschaftlichen Art immer in freundschaftlicher Erinnerung bleiben. 

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