Erzählsalon vom 11.10.2017 mit Eckhard Netzmann im Café Sibylle
Podiumsgespräch zu dem Thema: Industrieanlagenbau - Seine Bedeutung in der DDR und für die DDR
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich begrüße Sie herzlich zur heutigen Veranstaltung. Dies ist die letzte Veranstaltung innerhalb unserer monatlichen Veranstaltungsreihe hier im Café Sibylle, mit der wir auf Grundlage des neuen Buches „Jetzt reden wir weiter“ durch die Erzählungen der Generaldirektoren das Interesse der Öffentlichkeit für die DDR-Wirtschaftsgeschichte zu wecken gedachten. Außerdem wollten wir die Probleme und Widersprüche der damaligen Wirtschaftssituation offen darlegen und mit etwas Abstand aus heutiger Sicht reflektieren. Die Tageszeitung Die junge Welt hat uns dabei treu begleitet.
Alles in allem war es ein Jahr voller Höhepunkte. Begonnen haben wir im Januar mit dem Thema der Energiewirtschaft, danach ging es Detlef Jank und dem Publizisten Reinhard Lauterbach um das damalige und heutige Verhältnis zur Sowjetunion und zu Russland. Es folgten unter anderem ein Vergleich der Preis- und Subventionspolitik der damaligen und heutigen Zeit, gemeinsam mit Manfred Domagk und Walter Siegert, sowie die Buchpremiere der Autobiografie von Karl Nendel. Die letzte Veranstaltung fand im Beisein der parlamentarischen Staatssekretärin im BMWi Iris Gleicke statt, bei der es um die Möglichkeiten staatlicher Einflussnahme auf die wirtschaftliche Entwicklung im Osten ging.
Das heutige Thema ist „Die Bedeutung des Industrieanlagenbaus in der DDR und für die DDR“ und wir begrüßen dazu ganz herzlich Eckhard Netzmann auf dem Podium. Eckhard Netzmann ist ein Unikum; er war einmal Werkleiter, zweimal Generaldirektor, einmal Minister. Er wurde zweimal fristlos entlassen, nur um am nächsten Tag wieder eingestellt zu werden. Partei- und Staatsführung hatten es wahrscheinlich nicht leicht mit ihm, doch er war offenbar so gut, dass man nicht auf ihn verzichten konnte. Nach der Wende hat er es bis zum Vorsitzenden einer Aktiengesellschaft gebracht. Er war zweimal verheiratet und hat mehrere Kinder. Meine verstorbene Großmutter würde sagen: „Er war ein richtiger Tausendsassa!“
Geboren wurde Eckhard Netzmann im Jahr 1938. Er absolvierte eine Lehre als Werkzeugschlosser und machte 1958 seinen Ingenieurabschluss. Nach dem Studium verbrachte er zwanzig Jahre beim SKET (VEB Schwermaschinenbau-Kombinat „Ernst Thälmann“, Magdeburg), zunächst als Chef des Walzwerkbaus, später im Zementanlagenbau und schließlich in der Position des Generaldirektors. Dem folgten vier Jahre als stellvertretender Minister für Schwermaschinen- und Anlagenbau, die, wie er selbst in unserem Buch „Jetzt reden wir“ schreibt, mit der fristlosen Entlassung misslich endeten. 1983 fing er im Kombinat Kraftwerksanlagenbau an. Sein Chef war der Generaldirektor Manfred Dahms. Eckhard Netzmann wurde sein Stellvertreter und erhielt 1987 die Aufgabe, das letzte Kernkraftwerk der DDR, Block V in Greifswald, als Sonderbevollmächtigter ans Netz zu nehmen. Nach der Wende wurde das Kombinat Kraftwerksanlagenbau in eine der größten ostdeutschen Aktiengesellschaften umgewandelt, die er als Vorsitzender leitete. Zwei erfolglose Privatisierungen veranlassten in zu gehen. Ab 1996 führte er als Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender verschiedene kleine GmbHs in Riesa und ist als selbstständiger Unternehmensberater tätig.
- Katrin Rohnstock -