Ein Generaldirektoren Erzählsalon

Salons

Erzählsalon vom 30.01.2014 mit Joachim Lezoch
Generaldirektor des VEB Schuhkombinat Weißenfels

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich begrüße sie zur heutigen Veranstaltung im Rahmen des Projektes "Kombinatsdirektoren erzählen". Unser heutiger Ehrengast ist Joachim Lezoch, der aus seiner Zeit als Generaldirektor des VEB Schuhkombinat Weißenfels erzählen wird.

Joachim Lezoch wurde am 6.06.1944 in Oppeln in Oberschlesien geboren.
Der Vater war im Felde, die Mutter, Großmutter und er versteckten sich auf dem Bauernhof der Großmutter. Im Herbst 1945 wurden sie vertrieben und landeten in der Nähe von Bremen.

Der Vater war Meister in der Stanzerei der weltweit agierenden BATA-Schuhfabrik. Das war die perfekteste Organisation in den 30er-Jahren – eine Einheit von Produktion und Handel. Sie hatten Filialen in der Slowakei, in der Nähe von Oppeln, in Jugoslawien.
Dieser Betrieb wurde später zum Vorbild des Kombinates Weißenfels.

Die Familie sammelte sich in Zwickau und der Vater fuhr zwei Jahre in die Steinkohle ein. 1950 wurde in allen ostdeutschen Zeitungen inseriert, dass man in Weißenfels aus der Konkursmasse aller wegen Nazi-Produktion enteigneten Schuh- und Papierfabriken einen volkseigenen Schuhbetrieb, spezialisiert auf Kinderschuhe, gründen wolle.
Dort wurde der Vater von der ersten Stunde an Obermeister der Stanzerei und später Schichtführer aller Boden-Montagen.

Joachim Lezoch lernte in der Schuhfabrik den intellektuell anspruchsvollen Beruf des Lederzuschneiders – tagsüber – und absolvierte parallel dazu abends zunächst die 10. Klasse. Mit dem Facharbeiter schloss er die 10. Klasse ab und weil er gerade so gut im Lernen drin war, ging er gleich weiter bis zur 12. Klasse.
Als „Spitzenstanzer“ und FDJ-Mitglied wurde er von seinem Betrieb zur Ingenieurschule für Lederverarbeitungstechnik Weißenfels delegiert. Als Ingenieur für Schuhtechnologie wurde er Berufsschullehrer – an der gleichen Berufsschule, wo er gelernt hatte.
Schon nach einem halben Jahr wurde er abkommandiert: als Assistent des Generaldirektors des VVB Schuhe Waldemar Wioda. Von Stund an konnte er erleben, wie in der DDR Wirtschaft betrieben wurde.
Nachdem Wioda abgelöst wurde, wurde er vom nächsten GD Wolfgang Bethe zum Leiter des Büros des GDs berufen – mit 22 Jahren. Mit 24 Jahren wurde er für drei Jahre zur Parteihochschule Karl Marx nach Berlin delegiert. Eine harte Prüfung für die Familie, denn die Tochter war gerade frisch geboren, der Sohn erst zwei Jahre alt. In Berlin schrieb Lezoch eine (philosophische) Diplomarbeit zum Thema „Das politisch-ideologische Herangehen an die Sicherung der Qualitätsarbeit in großen Produktionskollektiven – dargestellt am Beispiel der Schuhindustrie“. Darin geht es um Arbeitseinstellung, um Motivation.

Er kommt zurück in die Schuhindustrie – aufgrund der verheerenden Kadersituation dort. Er fängt 1973 als Direktor Materialwirtschaft an, obwohl er zu Beginn, so sagt er selbst, von der Materialwirtschaft wenig Ahnung hatte. Betge wird abgelöst, es kommt Dr. Siegfried von der VVB Lederwaren, der von der Schuhindustrie keine Ahnung hat. Lezoch wird am 1.1.1977 zum ersten Stellvertreter des Generaldirektors berufen und ist verantwortlich für die Gesamtplandurchführung, Erzeugnis-Entwicklung und technische Vorbereitung, materialwirtschaftliche Absicherung und Produktionsdurchführung.
In diese Phase fällt der Vertrag über die Salamander Gestattungsproduktion, deren Anlauf ein Desaster wird, weil die Umsetzung des Vertrags schlecht vorbereitet war. Das kostet Dr. Siegried seine Position – damit wird Lezoch vom Ministerpräsidenten berufen, den GD-Posten zu übernehmen.
Am 1.1.1979 wird die VVB in Kombinat umbenannt und Lezoch der erste Generaldirektor des Kombinats.

Mit 35 Jahren wird Joachim Lezoch damit einer der jüngsten GDs der DDR. Er leitet das Kombinat von 1979 bis 1990 und hat zum Schluss etwa 47.000 Beschäftigte unter sich.

Joachim Lezoch hat eine marxistische Theorie der Modeentwicklung erfunden, er hat Gestattungsproduktionen mit Salamander gemanagt. Er hat die Produktion automatisiert, wie es kein West-Unternehmen vermochte – gleichwohl das Sortiment so breit war wie das keiner westlichen Firma. Unter seiner Leitung wurde die gesamte örtliche Schuhindustrie dem Kombinat zugeschlagen – das waren allein 80 Betriebe. Aus der Schuh- und Lederindustrie hat er ein funktionsfähiges Kooperationsimperium geschaffen.

- Katrin Rohnstock -

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Joachim Lezoch im Generaldirektoren-Salon, rechts neben ihm Prof. Roesler und Katrin Rohnstock

Joachim Lezoch im Generaldirektoren-Salon, rechts neben ihm Prof. Roesler und Katrin Rohnstock

Der GD des VEB Schuhkombinat Weißenfels beim Erzählen

Der GD des VEB Schuhkombinat Weißenfels beim Erzählen

ein voller Saal lauscht den Erfahrungen Joachim Lezochs

ein voller Saal lauscht den Erfahrungen Joachim Lezochs